Hotel Mama
19. Oktober 2021 | Autor: Stefanie Bauernhofer | Kategorie: Haus & Hof
Ihr erster Arbeitstag als junges Mädel. A bisserl aufgeregt schon. Aber herzlichst von der Schwiegermutter aufgenommen. Nicht nur in der Küche. Wo die Mama bisher den Kochlöffel schwang. Hat sich von der Couragiertheit der Jungen gleich überzeugen lassen. Gewähren lassen. Als die Roswitha fleißig zum Hansdampf wurde. Und die Kirchgeher nach der Messe mit den heiligen drei Gerichten versorgte: Beuschel, Schweinsbraten, Schnitzerl. Gute alte Zeit. Mehr brauchte es nicht zum Glücklichsein. Die Torten für den Nachmittag, wo es darüber hinaus eigentlich nur was zum Jausnen gab im Gasthof, standen schön drapiert in Reih und Glied und freuten sich schon auf die Ausflügler. Täglich frisch. Damals wie heute. Damals, vor über 50 Jahren.
Im Mai 1970 wurde „eingeheiratet“ – ein großes Fest, eine lange Nacht. Nur kurz war die Rast. In der Früh war sie die Erste. Wie halt immer. War ja schließlich Sonntag. Mit den heiligen Drei. Aber siehe oben.
Der Traum von der Huabn
Ein Traum verfolgte sie seit ihrer Kindheit. Ein uraltes Bauernhaus zu besitzen. „Ur“ im Mittelpunkt, also wirklich alt. Fein rausgeputzt hatte sie es gedanklich, immer und immer wieder gingen die Gedanken in ihrem Kopf spazieren. Irgendwann wurde es ihr zu bunt in ihrem Kopf. Und sie hörte auf zu träumen. Begann mit dem Tun. Und machte sich auf die Suche. Jahrelang. Nach dem Objekt der Begierde. Ihre Reisen führten sie von Gasen bis nach Graz und 20-mal wieder retour. Suchen um zu finden. Nach diesem alten Bauernhaus. Bis es auf einmal vor ihr stand. Wahrscheinlich schon von Weitem gewinkt hat, rübergestrahlt hat von der Wiese. In Edelschachen, gleich neben Anger – nach einem Tipp vom Nachbarn des Nachbarn eines Nachbarn. „Liebe auf den ersten Blick“, würde man fast sagen. Inklusive Herzklopfen und so. Auf die Frage in der Redaktionssitzung nach den Schmetterlingen im Bauch keine ganz klare Antwort. Aber ein wohlwollendes Nicken. Die Familie wurde eingeweiht, um die doch recht kostspielige Angelegenheit zu besprechen.
Der Plan:
das alte Haus nahe Anger liebevoll abzutragen und drüben, auf der anderen Straßenseite, als Huabn wieder aufzubauen. Was für ein Aufwand. Aber was für eine Liebe. Der Familienrat war einstimmig. Es konnte losgehen. So viele liebe Nachbarn, Bauern, Freunde der Familie halfen mit. Legten Hand an. Das alte Haus wurde abgetragen, alle Teile nummeriert, abtransportiert. Und auf der Brandlucken in mühevoller Detailarbeit wieder zusammengebaut. Aufgebaut. 351 Jahre war bzw. ist das Holz der Huabn alt. Auf dem Holztrambaum in der Stube ist das Jahr 1670 eingeschnitzt. Schade, dass wir die lange Geschichte, die Vergangenheit dieser alten Wände, Decken und Böden nicht lesen können.
Nicht weniger als 40.000 Lärchenschindeln wurden in einer eigens dafür gebauten Werkstatt geschnitten, gehobelt und in Form gebracht. Für das Dach der Huabn. Alles fand seinen Weg. Seinen Platz. Bis alles so war, wie die Mama sich das erträumt hatte.
Traumerfüllungstag: 31. Juli 2000
Feierliche Eröffnung. Und schon wieder strahlt sie, die Mama, beim Erzählen. Und beim Datum. Geburtstag und so. Den Weg dahin säumten viel Schweiß und Handwerksgeschick. Und vor allem die Gemeinschaft. Alle halfen zusammen, sonst wäre das Projekt niemals umzusetzen gewesen. In den ersten Jahren wurde à la carte gezaubert, die Speisen in Mundart auf der Karte präsentiert. Über 50 Jahr mit Leib und Seel´ für die Familie, für den Bauernhofer auf den Beinen. Und natürlich für ihren legendären Erdäpfelsalat – aber das ist wieder eine andere Geschichte. Weiter vorne.
Wenn kurz mal Zeit war zwischendurch, dann wurde liebend gern mit dem Hessl und dem Bradl Peter das eine oder andere Bummerl ausgeschnapst oder gekonnt préféranzt (keine Ahnung wie man das schreibt). Mit leuchtenden Augen erzählt sie davon, wie sie gern einmal ein Bummerl mit dem J. F. Kennedy gespielt hätte. Um ihn dabei zu fragen, wie er es geschafft hat, so eine Ausstrahlung und noch mehr Charisma zu haben. Aber anscheinend wollte die Mama der Jacky Kennedy nicht in die Quere kommen.
Auch wenn die Mama so gern den Blick nach vorne richtet, sich Herz über Kopf täglich über und mit den Enkerln freut und nach wie vor immer den Frühstücksdienst im Hotel fest in ihrer Hand hält, sind so viele nette Geschichten von früher immer präsent. Wie der 13. April 19 ..., als der Landesrat Wegart bei der Anreise zur Wiedereröffnung genauso wie alle anderen Festgäste auch die Schneeketten auflegen musste. Oder die dankbaren Gedanken an das so bescheidene, liebe Ehepaar aus Wien, das 30 Jahre lang jedes Jahr im Mai gekommen und erst im Oktober wieder abgereist ist. Und natürlich auch Weihnachten fast als Familienmitglied mit den Bauernhofers gefeiert hat. Dass sie jetzt aber auch noch so richtig professionell fotografiert worden ist für diese Doppelseite, ist ihr gar nicht so recht gewesen. „So a Aufwand nur wegen mir.“ Sechs Worte, die das Wesen der Mama – ihre Bescheidenheit – so treffend zum Ausdruck bringen.